Schokolade und Wein: Ein ungewöhnliches Genusserlebnis

13. Oktober 2015

Man muss schon einen leichten Hang zum Verrückten haben, wenn man zu einem edlen Wein nicht etwa eine „anständige“ Kochkreation auffahren lässt, sondern mit einer Tafel Schokolade für Verblüffung sorgt. Dann steht die Weinwelt erst einmal Kopf. Wo dem Traditionalisten die Sinne versagen, eröffnet sich experimentierfreudigen Weintrinkern ein barockes Reich der unbegrenzten Möglichkeiten zwischen zartem Schmelz und Bacchus’ Freuden. Gereifte rote Gewächse zu einem Schokoladendessert – das ist in Frankreich bereits ein Klassiker. Edelsüße Knabberstücke und fassgereifte Ports gehören auch in England zum bewährten Pflichtprogramm und die Italiener beglücken uns zum krönenden Abschluss eines Menüs, oder für die Kaffeepause zwischendurch, schon einmal mit einem Likörwein zu edler Schokolade.

In Deutschland ist man noch zaghaft

In Deutschland können viele Weinliebhaber der ungewöhnlichen Verbindung von Wein und Schokolade noch wenig abgewinnen. Ein Grund für diese vinokulinarische Zurückhaltung unter den Weinliebhabern hierzulande mag wohl darin liegen, dass Deutschland traditionell ein Milchschokoladen-Eldorado ist. Dabei sind es aber gerade die edelbitteren Sorten, die insbesondere in den südlichen Ländern den Geschmacksnerv treffen und der Kombinationslust zu ungeahnten Höhepunkten verhelfen.

Der Kreis der „vionophilen Schokoholics“ wächst

Der illustre Kreis der Schokoholics unter den Weinliebhabern wächst zusehends. Auch unter den Top-Sommeliers zeigt man sich progressiv aufgeschlossen. Schließlich haben sich in jüngster Zeit auch einige Weinhandelshäuser auf dem Markt mit entsprechenden Kombipaketen etwas einfallen lassen: So präsentierten ein Bremer Importhaus einen Merlot in
Allgemeiner Tenor solcher Bemühungen: Wein und Schokolade ist eine unterschätzte, immer noch verkannte Traumpaarung, der mit einiger Überzeugungsarbeit zum gebührenden Durchbruch verholfen werden sollte. Dabei ist die Kombination beider Genusspartner gar nicht so weit hergeholt: Gerade in Rebsortenweinen wie Merlot, Tempranillo, Granacha oder Cabernet findet man immer wieder neben den Frucht- und Beerenaromen sowie dem Geruch von Leder oder Zimt auch den feinen Duft von (Bitter-)Schokolade. Schon über eine solche Aromenverwandtschaft lässt sich bereits eine vage sinnliche Verbindung herstellen.

Hochwertiger Wein – hochwertige Schokolade!

Grundsätzlich lässt sich festhalten: Wer die Probe aufs Exempel machen möchte, der sollte zu hochwertigen Weinen und Schokoladensorten greifen. Bloße Konfektionsware lässt kaum Gaumenfreuden aufkommen. Die gängige Meinung, je höher der Kakaoanteil einer Schokolade, desto besser ist deren Qualität, trifft nur teilweise zu. Entscheidender ist die Qualität der Zutaten: Schokolade mit Niveau präsentiert sich ohne billige Fremdfette (Palmöl, Kokosfett), die laut einer neuen EU-Verordnung der Kakaobutter bis zu fünf Prozent beigegeben werden dürfen. Zucker sollte stets sparsam zum Einsatz kommen, Konservierungsmittel sind ohnehin bei den Chocolatiers verpönt.

Ein paar Grundregeln

Auf der Suche nach der Geschmacksarchitektur von Schokolade und Wein sollten folgende Grundregeln beachtet werden:

  • Je höher der Kakaoanteil in der Schokolade, desto trockener darf der Wein sein!
  • Zu edelbitteren bis zartbitteren Schokoladenkuvertüren sollten bei einer Probe eher Rotweine gereicht werden.
  • Dunkle, edelherbe Naschwerke vertragen sich gut mit kräftigen, fruchtbetonten, trockenen Rotweinen.
  • Je tanninhaltiger ein rotes Gewächs, desto milder sollte die Schokolade sein.
  • Für herbe Sorten mit 64 Prozent Kakaoanteil, die weniger süß schmecken, ist ein fruchtiger Rotweintyp mit wenig Tanninen und rundem Charakter als Begleiter denkbar. Gebändigte Rotweintannine, die sich geschmeidig am Gaumen zeigen, gehen mitunter eine ideale Verbindung mit den Kakaoaromen ein.
  • Besonders aromatische Rotweine mit sehr dichter Struktur fügen sich sehr gut zu Schokolade, die um die 70 Prozent Kakaoanteil verfügt.
  • Das Geschmacksbild ist hier durch eine feinherbe Note geprägt. Herbe Bitterschokolade mit 85 Prozent oder gar 99 Prozent Kakaoanteil ist in der Kombination mit Wein eher mit Vorsicht zu genießen. Gerade das „99er-Kaliber“ – Kakao pur! – wirkt mundtrocknend und erschlägt fast jedes edle Gewächs.
  • Als schwierig erweist sich auch die Verbindung süßer Vollmilchschokolade mit einem Kakaoanteil um 40 Prozent mit trockenen Weinen. Hier empfiehlt sich die Paarung mit edelsüßen Gewächsen.
  • Weiße Schokoladen harmonieren in der Regel gut mit halbtrockenen und edelsüßen Weinen wie zum Beispiel Riesling und Eisweine. Gewächse mit hohem Restzuckergehalt fahren denn auch in der schwierigen, spannungsreichen Geschmackspaarung mit aromatisierter Schokolade zur Hochform auf.

Mit freundlicher Genehmigung mit Material des Woschek-Verlages.

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