Holzfass: (Fass)ade oder Qualitätsmerkmal?

5. Oktober 2015

Zwar wird der Großteil der Weine heute mit sehr guten Ergebnissen im Stahltank ausgebaut, aber fragt man Verbraucher, so beherrscht in deren Vorstellungen immer noch das gute alte Holzfass den Weinkeller, welches auch nach wie vor als Qualitätsmerkmal für einen guten Wein gilt. Nicht selten sind es tatsächlich auch die sehr hochwertigen Weine, die im Holzfass ausgebaut werden. Aber ist das Holzfass wirklich das Maß aller Dinge?

Vom Schlauch zum Fass

Im Altertum wurde in Schläuchen oder Tongefäßen gelagert. Das Holzfass zur Lagerung und zum Transport von Wein haben wohl erst die Gallier erfunden. Zunächst wurden für die Weinlagerung verschieden Holzarten verwendet. Nicht selten wurde Kirsche, Kastanie oder gar Pappel eingesetzt. Bald aber stellte sich heraus, dass lediglich die Kastanie und die Eiche einem Wein interessante Aromastoffe hinzufügen können. Da aber die Kastanienfässer anfälliger für Holzwürmer waren und Küfer Eiche besser verarbeiten konnten, behauptete sich schließlich die Eiche. In den 1970er und 1980er Jahren setzte sich, wegen des hohen Arbeitsaufwandes und des Risikos von Fassgeschmack, der Ausbau im Edelstahltank durch, bis sich in den 1990ern die Entwicklung umkehrte und die Wahl des richtigen Holzfasses bei Winzern zur Glaubensfrage wurde.

Nur drei Sorten Eiche von Bedeutung

Für den Fassbau sind praktisch nur drei der über 250 Eichenarten von Bedeutung: Die Traubeneiche, die Stieleiche und die amerikanische Weißeiche. Die Traubeneiche besitzt mehr aromatische Verbindungen (Vanillin, Methyl-Octalactone), während die Stieleiche mehr phenolische Komponenten (Tannine) besitzt. Die amerikanische Eiche hat gegenüber den europäischen Sorten den Vorteil, dass sie schneller wächst, ein feineres, weniger tanningeprägtes Aroma besitzt und ohne Rücksicht auf den Faserverlauf verarbeitet werden kann. Als weltweit bestes und teuerstes Eichenholz gilt übrigens das der französischen Wälder. Das Eichenholz muss übrigens ca. 80 Jahre alt sein, damit der Stammdurchmesser groß genug ist, um Fässer daraus zu machen.

Ein normales Holzfass kann sehr lange zur Lagerung verwendet werden. Der Gehalt an Gerbstoffen (Tannine) und Aromastoffen, die in den Wein übergehen, nimmt aber schon nach der ersten Belegung stark ab. Daher findet man mitunter den Hinweis „Erstbelegung“ auf Weinen.

Der Barriqueausbau

Wie sehr der Weingeschmack doch eine Frage der Mode sein kann, wird durch den Barriqueausbau deutlich. Dieser kam weltweit erst in den 1980er Jahren in Mode, als nämlich die Nachfrage nach schweren Rotweinen stieg. Vorher galt ein sehr dominanter Holzton als Weinfehler. Deshalb mussten Barriqueweine in Deutschland auch zunächst als Tafelweine verkauft werden. Bei uns kam die Barriquenote erst in den 1990er Jahren in Mode. Eine rechtliche Basis bekam der Barriqueausbau übrigens erst 1996 durch die Aufnahme eines Passus in die Weinverordnung, der die Kennzeichnung „in Barrique gereift“ für Qualitätswein regelt.

Um die klassischen Barrique-Aromen zu erhalten, wird das Holzfass über offenem Feuer „getoastet“. Dabei werden die inneren Fasswände mit einer Flamme behandelt, wodurch spezielle Tannine entstehen, die später an den Wein abgegeben werden. Der Anteil der Aromen im Holz nimmt aber bereits nach der ersten Befüllung des Fasses stark ab. Nach zwei bis maximal drei Belegungen kann ein Fass nicht mehr für den Barriqueausbau verwendet werden.

Der Ausbau im Barriquefass ist, je nachdem ob es sich um Weiß- oder Rotwein handelt, unterschiedlich. Rotweine kommen erst nach der Gärung für sechs bis zwölf Monate ins Barriquefass, während Weißweine meist direkt im Barriquefass vergoren werden.

All dies und die Tatsache, dass hauptsächlich hochwertige Weine im Barrique ausgebaut werden, sind Gründe dafür, dass Barriqueweine im Allgemeinen sehr teuer sind. Allerdings ist nicht jeder Wein für den Ausbau im Barriquefass geeignet. In der Hochzeit wurde dies nicht immer beachtet. Das und der Umstand, dass (wie bei jeder Mode) die allgemeine Begeisterung irgendwannn nachlässt, haben dafür gesorgt, dass der Barriqueausbau heute auf gutem Wege ist, auf ein vernünftiges Maß reduziert zu werden.

[textbox title=“Interessantes und Kurioses“] Das Wort Barrikade leitet sich von Barrique ab. Mit Erde gefüllte Barriques dienten während der Julirevolution 1830 als Straßensperren.

Das größte Holzfass der Welt steht in Bad Dürkheim (Rheinland-Pfalz) und fasst 1,7 Millionen Liter.

1866 wurde in Bordeaux die Größe der Barriques auf genau 225 Liter festgeschrieben. Grund für diese bis dahin eher kleine Fassgröße könnte sein, dass ein gefülltes Fass von einem Mann gerade noch vor sich hergerollt werden kann.

Die Walzenform des Fasses ist mit Bedacht gewählt worden. Sie erlaubt das Rollen von Hand und hat zudem den Vorteil, dass die Richtung während des Rollens geändert werden kann. Ferner lässt sich ein Fass auf ebenen oder gerundeten Flächen platzsparend unterbringen.[/textbox]

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